Die 8 Mythen über E-Scooter
March 21, 2024
Über E-Scooter wird so hitzig diskutiert, wie über kaum ein anderes Thema. In den Medien werden dabei oft Fakten angeführt, die entweder nur einen Teil der Wahrheit abbilden oder sogar falsch sind.
Wir stehen am Anfang einer Mobilitätswende. TIER hat es sich zum Ziel gesetzt, die urbane Mobilität nachhaltig zum Guten zu verändern. Dazu gehört auch, der Mythenbildung mit nüchternen Argumenten entgegenzutreten und mit Vorurteilen über E-Scooter aufzuräumen.
1. E-SCOOTER HALTEN NUR EIN PAAR MONATE
FAKT IST: Bei der Lebensdauer von E-Scootern kommt es sowohl auf die Produktqualität als auch auf die Wartungs- und Reparaturprozesse des jeweiligen Anbieters an. E-Scooter der ersten Generation waren nicht für den dauerhaften Verleih konzipiert, wurden von den Verleihern oft nur unzureichend gewartet und hatten dadurch eine extrem kurze Lebensdauer.
Seit der zweiten Generation von TIER-Scootern sind nahezu alle Einzelteile austauschbar. TIER hat so enge Wartungs- und Reparatur-Zyklen, dass kein Scooter wegen technischer Defekte ausgemustert werden muss. Bei der neuesten Generation unserer E-Scooter gehen wir aktuell von einer Lebensdauer von rund 5 Jahren aus.
Am Ende des Lebenszyklus ermöglicht uns das modulare Design die E-Scooter in ihre Einzelteile zu zerlegen und nahezu sortenrein zu recyclen. So können wir den Ressourcenverbrauch minimieren und den Anteil an zurückgewonnenen Materialien maximieren.
2. E-SCOOTER HABEN EINE SCHLECHTERE ÖKOBILANZ ALS AUTOS
FAKT IST: TIER ist seit Januar 2020 als Unternehmen klimaneutral. Unser Ziel ist es, unseren CO2-Fußabdruck kontinuierlich weiter zu reduzieren, Prozesse zu optimieren und möglichst wenig Emissionen zu verursachen. Unsere ehrgeizigen Emissionsminderungsziele haben wir von der Science Based Target Initiative überprüfen und validieren lassen. So stellen wir sicher, dass sie mit dem 1,5°C Zielpfad des Pariser Klimaabkommens übereinstimmen.
Wir treiben die Nachhaltigkeitsstandards in unserer Branche voran. Durch die vermehrte Nutzung von recyceltem Aluminium in der Produktion, ein verbessertes Design und optimierte Betriebsabläufe zur Verlängerung der Lebensdauer haben wir die Emissionen bereits um mehr als die Hälfte im Vergleich zu 2019 senken können. Die Gesamtemissionen unseres neuesten E-Scooter-Modells belaufen sich auf nur 39,51 gCO2/pkm (Hochschule Bochum, 2022). Das sind mehr als 70 % weniger als ein privater Pkw ausstößt.
Die längere Lebensdauer unserer neuesten E-Scooter-Generation sowie der Umstieg auf Ökostrom in unseren Lagerhäusern und elektrisch betriebene Servicefahrzeuge hat dazu geführt, dass wir bei der CO2-Bilanz sogar mit den niedrigen Emissionen des öffentlichen Nahverkehrs mithalten können.
3. ARBEITSBEDINGUNGEN BEI E-SCOOTER-FIRMEN SIND UNFAIR
FAKT IST: Das Modell der freiberuflichen Mitarbeiter, die nachts in Eigenregie die E-Scooter einsammeln und aufladen, basiert noch auf den Anfängen der Sharing-Industrie im Jahr 2019. TIER arbeitet zum Aufladen oder Einsammeln der Scooter fast ausschließlich mit festangestellten Mitarbeitern - auf Teilzeit- und Vollzeitbasis.
In mittelgroßen bis großen Städten, in denen wir aktiv sind, setzen wir auf ein Team aus festangestellten Mitarbeitern. In kleineren Städten ist das oft auch der Fall. Nur falls es die lokalen Gegebenheiten nötig machen, suchen wir verlässliche und verantwortungsvolle Logistikpartner, um vor Ort Effizienzen zu nutzen und keine doppelten Strukturen aufzubauen.
Der weitestgehende Verzicht auf die prekäre Gig-Economy in allen Märkten und Verpflichtung zur Zahlung von Löhnen, die ein geregeltes Auskommen garantieren, ist Teil der zehn Nachhaltigkeitsstandards, zu denen wir uns verpflichtet haben.
4. E-SCOOTER ERSETZEN KEINE AUTOFAHRTEN
FAKT IST: Mikromobilität ist eine Wachstumsbranche, die zur Verkehrswende beiträgt und lokale Verkehrsnetze ergänzt. Schon jetzt stellen wir fest, dass ein erheblicher Anteil von Nutzern unseren Service als Alternative zur Autofahrt oder für intermodale Fahrten in Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln nutzt. E-Scooter-Fahrten beginnen und enden häufig an ÖPNV-Haltestellen und dienen somit nachweislich als Ergänzung/Anbindung an den ÖPNV.
Eine Auswertung unserer Daten hat ergeben, dass jede sechste Fahrt mit einem TIER-Scooter eine Autofahrt ersetzt. Für unser Citizen Research-Projekt haben wir mehr als 8.000 Menschen aus verschiedenen Städten europaweit befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass im Durchschnitt 17 % unserer TIER-Fahrten die Fahrt mit dem Auto ersetzen. Laut einer Studie im Auftrag der Stadt München ersetzen zumindest 14 % der E-Scooter-Fahrten eine Autofahrt.
Das Potenzial ist sogar noch größer: Laut BMVI-Studie “Mobilität in Deutschland” ist jede vierte der ca. 120 Million täglichen MIV-Fahrten (Motorisierter Individualverkehr) unter 2 km lang. Mikromobilität und der ÖPNV können diese abdecken und so die Abhängigkeit vom privaten PKW reduzieren. Eine durchschnittliche Fahrt mit einem E-Scooter dauert rund 10-12 Minuten und ist 2 bis 2,5 Kilometer lang. Eine Strecke, die die meisten Menschen im Alltag nur selten zu Fuß zurücklegen.
5. E-SCOOTER HABEN EIN HOHES UNFALLRISIKO
FAKT IST: Jeder Unfall, ob mit E-Scootern oder anderen geteilten Mobilitätsangeboten, ist ein Unfall zu viel. Daher hat für uns die Sicherheit unserer Nutzer und aller Verkehrsteilnehmer oberste Priorität. Grundsätzlich sehen wir E-Scooter als sicheres Verkehrsmittel an und fordern eine deutliche Verbesserung der Infrastruktur zum Schutz der Nutzer von Mikromobilität.
Richtig ist, dass die Zahl der E-Scooter-Unfälle seit 2019 gestiegen ist. Zur richtigen Einordnung gehört aber auch, dass die Anzahl der E-Scooter seit 2019 durch den Flottenausbau aller Anbieter stetig zugenommen hat. Während sich die Flottengröße von 2020 bis zum Ende des Jahres 2021 verdreifacht hat (324 %), ist die Anzahl der Unfälle nicht relativ zur Flottengröße mitgewachsen, sondern nur um 157 % gestiegen. Daher lässt sich keine überproportionale Zunahme an Unfällen feststellen.
Die über mehrere Länder erhobene Untersuchung “Safe Micromobility” des International Transport Forum der OECD im Jahre 2020 zeigt auf, dass in ca. 80 % aller E-Scooter Unfälle mindestens ein PKW beteiligt ist. Ein generelles Tempo-30-Limit für Autos in Innenstädten sowie baulich getrennte Radfahrstreifen zum Schutz aller Zweiradfahrer halten wir deshalb für den richtigen Weg.
6. E-SCOOTERN BLOCKIEREN DIE GEHWEGE
FAKT IST: Der Mangel an öffentlichen Parkflächen ist kein E-Scooter-Problem. Das Abstellen von E-Scootern ist in der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung geregelt. Zudem werden öffentliche Gehwege als Parkflächen für Zweiräder genutzt, wobei die Zahl der geparkten Zweiräder weiter zunimmt. Die knappe Verfügbarkeit des öffentlichen Raumes ist lang bekannt, ebenso wie die ungerechte Flächenverteilung zugunsten privater PKWs.
Das Mengenverhältnis zwischen Autos und E-Scootern in den Städten liegt bei ca. 100:1. Zudem stehen Autos statistisch gesehen 23 Stunden am Tag ungenutzt herum, und jedes einzelne besetzt dabei die zehnfache Fläche eines E-Scooters. Vor diesem Hintergrund muss der öffentliche Raum in Städten neu gedacht und gestaltet werden.
Der Fokus sollte darauf liegen, E-Scooter und andere Formen der Mikromobilität besser zu integrieren und die dringend benötigte Infrastruktur auf- und auszubauen. Nur mit einer ausreichenden Anzahl an Abstellflächen für E-Scooter, Fahrräder und Lastenräder sowie gut ausgebauten Radwegen kann sich Mikromobilität optimal in den urbanen Mobilitätsmix einfügen und Konflikte mit anderen Verkehrsteilnehmern vermieden werden.
Wenn es gelingt, beispielsweise alle 150 Meter einen PKW-Parkplatz in eine Abstellfläche für Mikromobilität umzuwandeln, wäre dies für uns ein Schritt in die richtige Richtung. So wäre weiterhin flexible, nachhaltige Mobilität möglich und gleichzeitig könnten die Gehwege freigehalten werden.
7. E-SCOOTER WERDEN NUR FÜR SPASSFAHRTEN GENUTZT
FAKT IST: Spaßfahrten werden beim Scooter gern als Malus dargestellt. Aber warum wollen Menschen denn mobil sein? Um zur Arbeit oder Ausbildung zu kommen, Einkäufe und Wege zu erledigen, Freunde und Familie zu besuchen oder aus Spaß - das gilt für alle Fahrzeugtypen.
Unser Service richtet sich an alle, die sich unkompliziert und emissionsfrei durch die Stadt bewegen möchten. Der Pendler am Morgen und am Abend genauso wie der Besucher einer Stadt, der diese auf eine nachhaltige Weise erkunden möchte. Eine Umfrage unter TIER-Nutzern hat ergeben: Die Mehrheit (38 %) von ihnen ist zwischen 25-34 Jahre alt, gefolgt von den Altersgruppen 18-24 (27%) und 35-44 (20 %). 16 % sind älter als 45 Jahre.
Generell verzeichnen wir unter der Woche von Montag bis Freitag einen starken Anstieg der Fahrten in den Morgenstunden, in der Mittagspause und am Abend gegen 17-18 Uhr, was auch auf eine verstärkte Nutzung der Roller durch Pendler hindeutet. Auch an den Wochenenden werden unsere Roller stärker genutzt, da hier generell ein höheres Mobilitätsbedürfnis und -aufkommen besteht.
Zudem sind rund 90 % der TIER-Nutzer mit inländischen Zahlungsmitteln registriert, ein guter Indikator für den Anteil der Nutzung durch lokal ansässige Kunden. Zudem ist auch während der Covid-Pandemie mit sehr eingeschränktem Tourismus die Anzahl der Nutzer in deutschen Städten gestiegen.
8. E-SCOOTER FUNKTIONIEREN NUR IN DER INNENSTADT
FAKT IST: Wir glauben, dass Mikromobilität das Potenzial hat, alle Städte positiv zu verändern und die Abhängigkeit vom PKW zu reduzieren, unabhängig von ihrer Einwohnerzahl. Verkehrsstaus, Lärmbelastung und Luftverschmutzung sind Probleme für Städte in ganz Europa. Um die Verkehrswende voranzutreiben und einen sicheren und angenehmen Raum für alle Stadtbewohner zu schaffen, wollen wir auch in kleineren Gemeinden und Außenbezirken unsere geteilten Mikromobilitätslösungen anbieten und den Mobilitätsmix um eine nachhaltige Form der Fortbewegung ergänzen.
Seit 2019 sind wir in vielen Städten immer weiter in die Außenbezirke und umliegende Gemeinden expandiert. In Berlin und Hamburg liegen mittlerweile 60 % bzw. 80 % unseres Betriebsgebiets außerhalb des Stadtzentrums. In Bremen haben wir in 2022 mehr E-Scooter-Fahrten in den Außenbezirken verzeichnet, als in der Innenstadt. Die Zahlen zeigen uns, dass unsere E-Scooter auch außerhalb der Innenstädte gut angenommen werden und einen Beitrag zur Verkehrswende leisten können.
Neben zahlreichen mittelgroßen Städten ist TIER in Deutschland und Europa auch in kleineren Städten unterwegs, wie Hilden, Mittweida und Siegburg in Deutschland, Herning in Dänemark oder in Korneuburg und Waidhofen an der Ybbs in Österreich. Mittweida in Sachsen hat nur ca. 15.000 Einwohner, ist jedoch aufgrund der Hochschule und des damit verbundenen Pendelverkehrs vom Bahnhof für uns interessant. Korneuburg und Waidhofen an der Ybbs in Österreich haben sogar unter 15.000 Einwohner, werden jedoch in Kooperation mit der ÖBB-Personenverkehr AG betrieben. Neben Faktoren wie Topographie, Einwohnerdichte und Infrastruktur für Mikromobilität (wie z.B. Fahrradwegen) sowie das bestehende Nahverkehrsangebot, muss letztendlich aber auch die Wirtschaftlichkeit des Betriebs in einer Stadt gegeben sein.